ICQ, AIM und ErE - Das Internet im vorigen Jahrtausend


 

Neumodische Technik? Von wegen!

Smartphones und Internet sind aus unserem Alltag nicht mehr weg zu denken. Unnötig, darüber einen Blog-Artikel zu verfassen. Das Thema ist hundertfach, nein tausendfach, oder gar hunderttausendfach beschrieben worden.

 

Dennoch überkommt mich von Zeit zu Zeit eine Art nostalgischer Anflug. Erstaunlich dabei ist, dass Handys, Internet und all das  gefühlt immer noch eine neumodische Sache ist. Als ich letztens jedoch  mal nachrechnete, kam ich auf zwanzig Jahre, die ich nun mein Handy besitze.

Zwanzig (20!!) ganze, lange Jahre.

 

Okay, damals war es ein „Handy“. Heute ist es ein „Smartphone“. Dazwischen liegen etliche Fehlkäufe. Vom berühmten NOKIA 3310, über ein Mini-Klapp-Handy, weiter zum Schiebe-Handy bis hin zum Schwenk-Display-Handy. Das war übrigens mein liebstes.  Es liegt (wie all die anderen auch) immer noch in meiner Schublade und ich wünschte, es würde mit der Technik von heute funktionieren. Tut es aber nicht. Aber weggeben kann ich es irgendwie auch nicht. Es gesellt sich also weiterhin zu den anderen Geräten auf meinem Handy-Gnadenhof.

 

Manchmal denke ich zurück an meine ersten Gehversuche im Internet. Und stelle ebenso erstaunt fest, dass auch das fast 20 Jahre zurückliegt.

 

 

"Man, bist du alt!"

Letztens .. meine jüngste, gerade volljährig gewordene, Tochter stöberte in meinem Ebay-Account ,und plötzlich rief sie: „Mama, du bist schon seit 1998 bei Ebay registriert!!“.

„Echt?“, fragte ich, „so lange schon?“

Meine Tochter sah mich an mit dieser Mischung aus Erstaunen und Fassungslosigkeit. Was natürlich nichts anderes bedeuten sollte als „Man, bist du schon alt!“.

 

„Ihr hattet also schon Internet, bevor ich geboren wurde?“, bohrt sie weiter. Tja – Punkt für mich, dachte ich und straffte die Schultern. Lebt die heutige Jugend tatsächlich in dem Glauben, sie hätten Internet und Chats und Facebook und Smartphones für sich gepachtet? Oder gar erfunden?

 

„Ja klar, was dachtest du denn?“, antworte ich betont herablassend. „ich war im Internet unterwegs, da gab es dich nicht mal.“ Welch eine Genugtuung, den Spieß umzudrehen. Und hoffentlich auch das Ende jener mitleidigen Blicke, wenn ich sie mal wieder um Hilfe am Smartphone bitten muss, weil dies oder jenes nicht so funktioniert, wie ich es gern hätte.

 

Sie zweifelt anscheinend immer noch. „Aber damals war das doch noch nicht so wie heute, oder?“  Ich stelle mir vor, dass vor ihrem geistigen Auge ein hölzerner Fernsehapparat oder ein  Grammophon auftaucht.

 

 

Wie war das damals?

Ich versuche, mich zu erinnern. Wie war das damals?

 

Na ja, es war tatsächlich nicht so wie heute, das musste ich dann zugeben. Wenn ich mich recht entsinne, flog man häufig raus mit dem Klassiker-Modem 56K (oder so ähnlich). Und der Seitenaufbau .. da konnte man sich gern zwischendurch die Haare waschen, so lange dauerte es manchmal. Aber kurze Zeit später hatte ich ein anderes Modem, ein moderneres. Und das funktionierte dann recht zügig.

 

Meine ersten Gehversuche machte ich im ELTERN-Forum. Der Klassiker seinerzeit für Mütter, oder welche, die es werden wollten. Auch ein paar Väter verliefen sich hin und wieder. Es war das Forum der Zeitschrift ELTERN, die ich damals noch jeden Monat kaufte.

 

„Eltern raten Eltern“, von Insidern kurz ErE genannt, war die beliebteste bzw. am meisten frequentierte Forums-Rubrik.  Während des Schreibens dieses Artikels habe ich mal nachgeschaut: Es gibt dieses Forum in der Art, wie ich es kenne, gar nicht mehr. Schade eigentlich. Abend für Abend lieferten sich die Mamis heftige und hitzige Diskussionen. Die meisten von uns hatten damals Babys und/oder Kleinkinder bzw. angehende Teenies zuhaus. Was für ein irrwitziger Gedanke, dass diese Kinder von uns ELTERN-Forum-Usern mittlerweile alle junge Erwachsene sind! Vermutlich sind viele von denen schon selbst längst Eltern, so wie meine beiden älteren Töchter auch.

 

Mir fallen grad eine Menge Namen von den Usern ein. Besser gesagt die Nicknamen. Irgendwie schade, dass ich nur ein oder zwei mit Realnamen kannte, ich kann also nicht mal schnell bei z.B. Facebook nach ihnen suchen. Auch damals gab es viele Zickereien und Streitereien, aber man hat auch liebe virtuelle Freundinnen gefunden, mit denen der Kontakt noch weit über das Forum hinaus ging.

 

Und wie im richtigen Leben rotteten sich vereinzelte Clübchen zusammen.  Es gab Anführerinnen (die, die alles wussten, zumindest besser) und es gab Stänkerinnen (die immer  was zu meckern hatten und immer irgendwo gegen irgendwas waren), es gab Schnell-Beleidigte (die sich bei jeder Kleinigkeit theatralisch abmeldeten, um kurz drauf unter neuem Nick-Namen wieder zu erscheinen).

 

 

Aber das ist doch das Gleiche wie eine Facebook-Gruppe!

Jetzt mag man denken, dass das doch das Gleiche war wie heutzutage in den Facebook-Gruppen. Nein, da möchte ich direkt widersprechen!

 

 

Nein, es war nicht das Gleiche!

Irgendwie war es anders. Es war einfach viel anonymer. Und es wurde auch nicht so viel von sich selbst preisgegeben. Ich kann mich kaum daran erinnern, dass Fotos hochgeladen wurden. Ging das überhaupt schon? Ich weiß es nicht mehr. Ja, doch klar, man konnte bereits Fotos hochladen. Und den engeren virtuellen Freunden schickte man auch Fotos. Aber man präsentierte sich einfach nicht so gnadenlos wie manche Facebook-User das heute machen. Was wiederum auch daran gelegen haben mochte, dass es keine Smartphones gab und das Hochladen mit einer Digitalkamera eben doch viel umständlicher war.

 

 

AIM und ICQ

„Aber dafür hattet Ihr keine Messenger und so!“, trumpft meine Tochter jetzt auf.

 

Doch. Hatten wir. WhatsApp war zwar noch nicht erfunden, stimmt. Und Facebook auch nicht. Aber wir hatten den AOL Instant Messenger, kurz AIM. Und wir hatten den ICQ. Allerdings funktionierte das damals nicht per Handy. Logisch – wir hatten ja auch Handys und keine Smartphones. Aber fürs Nachrichten-Schreiben am Handy gab es ja die SMS. Schreibt heute eigentlich noch irgendjemand per SMS?

 

 

SMS - eine aussterbende Spezies

Außer, dass ich von meinem Mobilfunk-Anbieter hin und wieder ein Absolut-Mega-Top-Super-Sonder-Angebot zu meinem Vertrag erhalte, kann ich mich nicht erinnern, jemals in den letzten Monaten eine SMS bekommen oder gar verschickt zu haben. Doch, klar, die TAN-Nummern kamen bis vor kurzem per SMS. Aber das ist nun auch vorbei. Es kommt eine Nummer per Push-TAN… natürlich aufs Smartphone, und nun ganz modern per App und nicht mehr per SMS.

 

 

Eines musst du Dir merken :-)

"Ja", sage ich abschließend zu meiner Tochter, "es hat sich tatsächlich unglaublich vieles geändert in den vergangenen 20 Jahren. Aber eines solltest du dir nun ein für allemal merken:

"Nicht IHR habt die Internet-Handy-Weisheit mit Löffeln gefressen.

Neee – das waren WIR !!!"

 

 

Erinnern Sie sich noch an Ihre ersten Gehversuche im Internet?

 

Haben auch Sie Ihre vorsintflutlichen Handys noch in der Schublade liegen?

 

Oder waren vielleicht genau Sie eine Userin aus dem geliebten, damaligen  ELTERN-Forum (ErE)?

 

 



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